"Im Gegensatz zu den Arbeiten von Charlotte Pfefferle weisen Kave Atefies Gemälde eine sehr starke, farbige Farbpalette auf.
Bezeichnenderweise tauchen sie, also ich meine die Farben, auch in seinen Werktiteln auf.
Bei "the significance of nothing in four colors (killin an arab)" ist das Bildmotiv ein Mann, der in vier Bilder unterteilt ist.
Seine rechte Hand, mit einem auffallenden Ring versehen, ist dadurch ebenfalls zweigeteilt, ja fast auseinandergerissen.
Als interessantes Motiv findet sich als Spiegelung auf den Gläsern der Sonnenbrille eine Person, die gerade die Zunge herausstreckt und den Betrachter aufmüpfig, gar frech entgegenschaut.
Wer ist das?
Es scheint fast so, daß wir über den dargestellten Mann nichts erfahren.
Er wirkt mehr wie ein stereotyper Araber mit entsprechender Kleidung und Kopfbedeckung.
Doch bei dem Mann, den wir in den Brillengläsern entdecken ist dem nicht so.
Durch die freche Geste des Zungeherausstreckens erleben wir ihn in einem sehr lebendigen Augenblick.
Für den Betrachter vermittelt sich dadurch ein Momentporträt."
Carmen Beckenbach - Galerie Böhner Mannheim, 27. Februar 2004
"In einer Zeit, in der religiöse Momente in der sogenannten westlichen Welt immer mehr an Bedeutung verlieren, gleichzeitig religiöse Motive aber immer häufiger als Vorwand für machtpolitische und kommerzielle Ziele herhalten müssen, kontert Atefie der Vorstellung einer "Achse des Bösen" mit einem Gegenentwurf.
Wenn Kriege im Namen Gottes geführt werden, leiden vor allem Menschen. Anführer, Besessene, Nutzniesser, Gutgläubige, Betroffene - ihnen verleiht diese Arbeitsreihe ein Gesicht. Weil aber Schwarz-Weiss Malerei nicht jedermanns Sache ist, wie Atefie mit schelmischen Grinsen betont, sind seine Bilder bunt ausgefallen.
Sehr sogar."
Kave Atefie - Wien, 2004
Junge Kunst und zeitkritische Positionen
Die Galerie Böhner im SIGNAL-IDUNA Business Tower
(...) Diese Ausstellung fasst unterschiedliche Positionen der zeitgenössischen Kunst zusammen.
Künstler, die bereits mehrfach in Mannheim ausgestellt haben wie der Schweizer Hansueli Urwyler, stellen hier neben bisher noch unbekannten Kunstschaffenden wie dem Wiener Kave Atefie aus. (...)
Reminiszenzen an die Pop-Kultur
"Die Arbeiten des 1968 in Wien geborenen Malers Kave Atefie weisen eine Farbpalette auf, die an die Pop-Art erinnert.
Auch dieser Künstler ist in die Kategorie der zeitkritischen Maler einzugruppieren - wie die provozierenden Bildtitel verraten, die durchaus doppeldeutig zu verstehen sind.
So gibt er der in Mannheim ausgestellten, aber aus vier "falschen" Teilen bestehenden Figur den denkwürdigen Titel 'The significance of nothing (killing an arab)'.
Möglicherweise geht es dem Künstler unter anderem auch um die Bedeutungslosigkeiten und Oberflächlichkeiten in der Mediengesellschaft, in der wir leben.
Bilder entstehen, die ebenso falsch zusammengesetzt sind wie ein Flickenteppich, der je nach Interessenlage variiert werden kann.
Zusätzlich betont wird diese Interpretation noch durch ein kleines Detail, das als Hinweis verstanden werden kann: die Spiegelung eines Zungenherausstreckers in den dunklen Sonnenbrillengläsern des arabisch gekleideten Mannes im Bild.
Es scheint so, als wolle Kave Atefie uns hier auf den Krieg der Kulturen hinweisen, der zwischen der islamischen und der westlichen Welt schon lange im Gange ist.
Dr. Helmut Orpel - Art Profil (Heft 2/10, 2004), Mannheim
"... vielleicht bringen ja die jungen Wilden endlich etwas Abwechslung in die unglaublich öde gewordene Szene.
Kave Atefie zum Beispiel zeigt mit der Materialwahl und den Arbeitstechniken seiner Bilder auf, dass in der bildenden Kunst keineswegs zwangsläufig nur mehr Wiederholungen erwartet werden müssen.
Besonders seine ersten beiden Arbeitsreihen faszinieren, werden aber wohl nicht ihren Weg in die Vorzimmer der Vorstandsetagen schaffen.
Zu starker Tobak in zu lichten Höhen.
Schon eher könnte Atefie das mit seinen neuesten Bildern der Serie [buddha][bible][belly dænser] gelingen, die - bewußt oder unbewußt - doch eindeutig "gefälliger" ausgefallen sind.
Dennoch: eine Empfehlung - und, noch günstig zu haben."
Iris Engelhart - artward, Hamburg, 2004
Interview mit dem Künstler zur Ausstellung [buddha][bible][belly dænser] vs.
"silly, suck a dick?"
f: du hast 2004 keine ausstellung in österreich gemacht...
kave: na ja, es war scheinbar kein bedarf (lacht). die deutschen waren eben interessierter, so hat sich auch die ausstellung in mannheim ergeben.
f: österreich, land der großen söhne...
kave: ...und töchter, sollte es heißen.
f: oh, da kommt die politische vergangenheit wieder zum vorschein. aber ernsthaft, zählt man bei uns wirklich erst, wenn man im ausland erfolgreich war?
kave: bitte, lassen wir die kirche im dorf. ich bin ja bloß künstler aus leidenschaft, kümmere mich nicht um connections, szene und verkauf. da wäre es schon vermessen anzunehmen, dass die galeristen schlange stehen. bekanntlich herrscht derzeit auch nicht gerade ein mangel an aufstrebenden künstlern - man denke nur an die vielen interessanten leute aus den ehemaligen GUS-staaten, russland, weissrussland, ukraine, die baltischen staaten.
f: also alles bestens ?
kave: wenn ich tatsächlich von meinen bildern leben müsste, wär das sicher etwas anderes. und ja, es stimmt schon, hier in österreich ist man nicht gerade risikofreudig. das bezieht sich allerdings nicht nur auf kunst und kultur, sondern zieht sich wie ein roter faden durch sämtliche gesellschaftliche bereiche, wirtschaft, politik ...
f: nun gelangen wir also in den genuss einer doppelausstellung mit zwei werkreihen die unterschiedlicher nicht sein könnten.
kave: technisch gesehen sind sie gar nicht so weit voneinander entfernt.
f: tatsächlich hast du erst über den umweg "experimenteller" techniken auf metall und holz zum klassischen medium, der leinwand gefunden.
kave: das hat sich so ergeben und ist kein unumkehrbarer prozess.
f: während die arbeiten von "budda, bible, bellydancer" noch einem gewissen inhaltlichen schema der vorangegangenen arbeiten folgen, wendest du dich mit deinen jüngsten arbeiten von "silly, suck a dick?" einem ganz neuen themenbereich zu.
kave: nun, die impulse sind gott sei dank nicht steuerbar. das erhält das spannungsmoment, den innovativen antrieb und sorgt dafür, dass es nicht langweilig wird.
f: du wolltest also bewusst provozieren?
kave: genau das nicht. womit soll man heute schon provozieren, wo einem die obszönsten grausamkeiten tagtäglich frei haus geliefert werden. nein, das wäre zum scheitern verurteilt. interessant ist, dass sex noch immer als provokation gilt, gewaltsamer tod aber als selbstverständlichkeit. und ich rede hier von europa, nicht den usa.
f: aber wirklich neu ist das nicht. hast du deshalb derart eindeutige "einblicke" bei den neuen bildern gewährt?
kave: sexualität ist - schöner - teil unseres lebens, pornographie ist deren auswuchs. in sich trivial, einfallslos und dennoch immer wieder spannend. oder vielleicht gerade deshalb, denn beim porno geht es um die befriedigung persönlicher interessen, nicht um erotik, also das auseinandersetzen mit einem partner, einer partnerin. der betrachter wird zum konsumenten einer schnellen befriedigung. pornos liefern also immer auch positive assoziationen mit, nämlich jene eines orgasmus. diesen mechanismus hat doch längst auch die werbewirtschaft erkannt - die anleihen an die pornoindustrie in den kampagnen sind unübersehbar. um das ganze verträglich zu machen, werden die darsteller aus dem schmuddeleck geholt und massenmedial als popstars verkauft. und popstars dürfen ungeniert konsumiert werden. diese synergien werden einfach überall genutzt man denke nur an die annäherung von pop und porno, das verkauft sich im kombi-pack einfach noch viel besser.
f: und deshalb bedienst nun auch du dich der ausdrucksweise des trash?
kave: mit ironie. und es "funktioniert" insofern, als sich die leute fragen, warum macht er das? ich hingegen frage mich, warum sich die leute das fragen. es ist ein behübschtes abbild der realität mit augenzwinkern, aber ohne erhobenen zeigefinger. moralistisches gezeter hätte ich nicht erwartet, halte ich auch für entbehrlich. lasst uns mit dem auseinandersetzen, was uns ausmacht. und spass haben.
f: das werden wohl viele anders sehen, hast du nicht angst, dass diese arbeiten als sexistisch eingestuft werden könnten?
kave: hm, jetzt werde ich wirklich nachdenklich. vom titel bis zur auswahl der motive ... ironie. ein schrilles abbild dessen, was porno so erfolgreich macht. jedes klischee wird bedient, männerphantasie pur, hetero-männerphantasie. lesben ja, schwule - bitte nicht. dazwischen ein paar schelmische spässchen, so ganz ohne geht's ja doch nicht.
f: du meinst jene bilder, deren scheinbare eindeutigkeiten wieder zweideutige interpretationen zulassen? und der titel "silly, suck a dick" - versteckt sich da gar eine feministische botschaft hinter all dem?
kave: come, see and find out.
f: und die gegenüberstellung ausgerechnet dieser arbeiten mit den "politischen" bildern von "budda, bible bellydancer"?
kave: ja, darüber hätten wir reden sollen. (lacht)
f: danke für das gespräch und viel erfolg!
kave: ich danke!
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